Die Crux der Systemrelevanz

Hessen, ein Bundesland das sich gerne modern und fortschrittlich gibt, sitzen hier doch die großen Banken, die Börse, weltweit aktive Unternehmen und vieles mehr. Da sollte eigentlich davon auszugehen sein, dass die Infrastrukturen dahinter auch funktionieren…. Eigentlich!

Wie seit Anfang dieser Woche festzustellen ist, trifft dies wohl nur auf den Teilbereich zu, den große Teile der Politik als „systemrelevant“ bezeichnen würden und ganz offensichtlich gehören die Schulen und Schüler*innen nicht dazu. Wie ließe es sich sonst erklären, dass nach Ende der Weihnachtsferien und inmitten eines Lockdowns, welcher sich inzwischen bereits im dritten Monat befindet – und nebenbei ja nicht einmal der erste seiner Art ist – die Schulen vor derart große Probleme gestellt sind einen Online-Unterricht zu gestalten.

Da ist zum einen die ausgesetzte Präsenzpflicht, bei der die Verantwortung, ob die Kinder zur Schule gehen, elegant den Eltern zugeschoben wird. Je nachdem ob der Arbeitgeber Homeoffice großzügiger Weise gestattet oder nicht, denn dann muss das Kind wohl oder übel zur Schule um dort einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt zu werden. Letztlich entscheiden also nicht die Eltern, sondern das Goodwill des Arbeitgebers. Sie wissen schon, der mit der Systemrelevanz!

Die Schüler*innen, welchen es erspart bleibt, sich mit 20 anderen aus verschiedenen Haushalten in einen engen Klassenraum zu setzten (war da nicht einmal etwas mit Anzahl der Kontakte?), sitzen nun also zu Hause, und werden dort im Optimalfall online unterrichtet. Klingt in Zeiten, in denen fast jeder Haushalt wöchentlich seine Bestellung bei Amazon oder ähnlichem via Internet tätigt nach keinem großen Problem, schließlich hatte man ja seit dem ersten Lockdown zehn(!) Monate Zeit, sich auf den erneuten Ernstfall vorzubereiten.

Also hoffen wir, dass das Schulkind aus unserem Beispiel bloß nicht in einer ländlichen Gegend wohnt, dann ist das mit dem schnellen Internet für den Online-Unterricht bereits sehr gefährdet. Am Ende wurde das Kind nicht in die glückliche Lage hineingeboren wohlhabende Eltern zu haben, dann kann es sogar sein, dass selbst wenn schnelles Internet vorhanden wäre, es leider keinen Computer oder Tablet sein eigen nennen kann. Auch hier hätte Politik ein wenig Geld von den Milliarden, welche man der Industrie und den Großkonzernen hinterher warf abzweigen können, um die Schulen mit tauglichen Endgeräten für die Schüler auszustatten, aber dafür gab es wiederum, sie ahnten es sicher schon, zu geringe Systemrelevanz.

So bleibt alles beim alten: konservative und liberale Politiker beschwören die Generationengerechtigkeit und meinen damit eigentlich nur, dass keine neue Schulden für Infrastruktur (kann man ja privatisieren) oder Sozialausgaben gemacht werden dürfen, da das ganze schöne Geld schließlich für „systemrelevante“ Bereiche benötigt wird.

Sollten dann nicht dringend systemische Änderungen vorgenommen werden? Es ist Wahljahr, Sie haben es in der Hand.