Es ist ja nicht der erste Versuch, sich die digitale Kontrolle über die Bevölkerung zu schaffen. Bereits 1969 musste das Bundesverfassungsgericht (BVG) eine umfassende Registrierung der Bürger untersagen. Das damals wegweisende Urteil des BVG 1983 zur Volkszählung besagte dass: „eine umfassende Registrierung und Katalogisierung der Persönlichkeit durch die Zusammenführung einzelner Lebensdaten und Personaldaten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen der Bürger ist auch in der Anonymität statistischer Erhebungen unzulässig” sei, und weiter: „„Auch die Übernahme sämtlicher Daten aus bereits vorhandenen Dateien der Verwaltung ist keine zulässige Alternative zu der vorgesehenen Totalzählung.”
Der neueste Versuch der GroKo kommt durch die Hintertüre. Tief versteckt im „Corona-Konjunkturpaket“ findet sich ein 300 Millionen Euro teures Programm zur „verwaltungsübergreifenden ID-Nummer“. Dahinter versteckt sich der Plan insgesamt 56! verschiedene Register, vom Einwohnermeldeamt, über die Steuer- und Rentendaten, bis hin zu Daten der Krankenversicherung oder Daten aus Insolvenzregister und dem Kraftfahrtbundesamt in Flensburg. Das ist insofern praktisch, da man die Ablehnung dieser gigantischen Datenkrake sogleich als „Wirtschaftsbremse“ brandmarken kann, denn diese blockiere schließlich das Konjunkturpaket.
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten der Länder (DSK) bezeichnet dieses Vorhaben als verfassungswidrig. Die vorgesehenen technisch-organisatorischen Sicherungen gegen Missbrauch seien hinten und vorn nicht ausreichend. Ferner sei dem wirtschaftlichen Missbrauch der Daten Tür und Tor geöffnet. Eine derart gigantische Datensammlung hätte einen enormen wirtschaftlichen Wert, nicht nur für die Werbewirtschaft – und würde generell Begehrlichkeiten der Wirtschaft wecken.
Auch der oberste Datenschützer des Landes, der Datenschutzbeauftragte Ulrich Kelber sagte dazu: „Die Bürgerinnen und Bürger hinterlassen in den Registern des Staates sehr viele Fußabdrücke ihres Alltags. Bei einem Fahrzeugregister zum Beispiel sieht man das Problem nicht auf den ersten Blick. Aber man kann auch in Kontakt kommen mit Sozialbehörden, mit Jugendhilfe, mit Registern im Justizbereich.“ Mit einer allgemeinen Bürger:innennummer werde der Staat in die Lage versetzt, personenbezogene Daten sehr schnell zu verknüpfen und zu einem umfassenden Persönlichkeitsprofil zu vervollständigen. Dieses Bild unterliege dann der Bewertung durch diejenigen, die diese Daten abrufen. Dabei komme es auch zu „Fehleinschätzungen und Missbrauch“.
Es steht zu befürchten, dass das Verfassungsgericht bald wieder einmal eingreifen muss um die informelle Selbstbestimmung der Bevölkerung gegen die Allmachtsphantasien des Staates und seiner Organe zu schützen. Es bleibt zu hoffen, dass dies rechtzeitig geschieht, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist und die Personenprofile dann nicht schon längst erstellt und gespeichert wurden.
Quellen:
https://www.dr-datenschutz.de/von-der-steuer-id-zur-ueberwachungs-buergernummer/
https://www.datenschutz-notizen.de/keine-steuer-id-als-buergernummer-4927120/