Wenn Arbeit arm macht

Eine Binsenweisheit besagt, dass man von ehrlicher Arbeit nicht reich werden könne. Aber dieser zynische Spruch hat sich inzwischen für sehr viele Menschen ins Gegenteil verkehrt: rund 20 Prozent aller Beschäftigten in diesem Land arbeiten in Vollzeit für Armutslöhne, sprich: sie erhalten für ihre Arbeit weniger als zwei Drittel des Durchschnittslohns.

Dieser Entwicklung lässt sich auf die Hartz-Reformen der ehemaligen Bundesregierung unter Gerhard Schröder zurückführen, der sich damals noch damit brüstete, den größten Niedriglohnsektor Europas geschaffen zu haben um Deutschland auf Kosten der Arbeitnehmer/innen als Exportweltmeister zu festigen. Das Ergebnis ist seit Jahren zu sehen: Menschen, die trotz einer Vollzeitstelle nicht über die Runden kommen, „aufstocken“ müssen.

Dies bedeutet nichts anderes, als dass der Arbeitgeber seine Lohnkosten auf die Allgemeinheit bzw. den Staat abwälzt. Das was „interessierte Kreise“ oftmals den Bedürftigen vorwerfen, nämlich dem Staat auf der Tasche zu liegen, ist seit zwei Jahrzehnten von den Arbeitgebern gern genutztes Mittel um zu Lasten der abhängig Beschäftigten noch mehr Reibach zu machen.

Blicken wir auf die Zahlen in Europa (Quelle Statistisches Bundesamt) sind die Zahlen erschreckend: von den 28 EU-Staaten liegt Deutschland, wenn es um Löhne geht – Platz 23! Nur in den baltischen Ländern, Polen und Bulgarien gibt es anteilig noch mehr Beschäftigte, die für Niedriglöhne ausgebeutet werden. Danach folgt das reiche Deutschland, das auf die angeblich „soziale Marktwirtschaft“ so stolz ist. Dieser Stolz drückt sich dann darin aus, dass immer weniger Beschäftigte einen Tariflohn erhalten oder dass es Branchen gibt (z.B. Friseurhandwerk, Leiharbeit usw.) in denen die Tariflöhne so niedrig sind, dass der Gang zum Amt einem Automatismus gleicht und alles das geschieht in Zeiten, in denen die Preise für Lebensmittel, Mieten, Heizkosten regelrecht explodieren.

Und als wäre dies nicht schon bedenklich genug, fordert Arbeitgeberpräsident Dulger die neue Bundesregierung dazu auf eine Agenda 2030 auf den Weg zu bringen um die Sozialsysteme weiter zu „reformieren“. Auf die Beschäftigten kommen schwere Zeiten zu.