„Der Schoß ist fruchtbar

„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“ (Bertold Brecht, Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui). Und leider wird unsere Heimatstadt erneut im Zusammenhang mit rechtsradikalen Anschlägen in Verbindung gebracht. Allen ist noch der Brandanschlag auf die Familie Schäfer in Erinnerung, zwei Angriffe auf das Parteibüro der LINKEN, Demonstrationen von Faschisten in unserer Stadt, immer wieder findet man Aufkleber mit Nazi-Parolen. Jetzt der Anschlag auf das Büro der Grünen in der Altstadt und das abstoßende Hakenkreuz in Dalheim, welches durch eine bemerkenswerte Aktion der Anwohner*innen auf „kleinem Dienstweg“ beseitigt wurde.

Wenn man sich ansieht, dass die NPD in Hessen insgesamt in „nur“ vier Kommunalparlamenten vertreten ist, fällt auf, dass sich alle vier Ortschaften in der Wetterau und dem Lahn-Dill-Kreis befinden: von Leun, über Wetzlar nach Altenstadt und Büdingen. Dies stimmt nachdenklich und vor allen Dingen ist es bedenklich. Warum ausgerechnet der Lahn-Dill-Kreis und die Wetterau?

Dem Lieblingsthema der Rechten kann dies kaum geschuldet sein, denn die Wetterau mit einem Migrantenanteil von 3,9 % und im LDK von nur 2,6 % liegen beide im unteren Drittel der Tabelle in Hessen.

https://statistik.hessen.de/zahlen-fakten/bevoelkerung-gebiet-haushalte-familien/bevoelkerung/statistische-berichte

Auch die Arbeitslosenstatistik gibt keine wirkliche Begründung, da im Arbeitsamtsbezirk Gießen die Quote bei 5,4 % und in Wetzlar bei 5,7 % liegt.

https://statistik.arbeitsagentur.de/Auswahl/raeumlicher-Geltungsbereich/BA-Gebietsstruktur/RD/RD-Hessen.html?nn=24278&year_month=202007

Warum sind dann die Bürger*innen gerade hier so unzufrieden, dass viele „rechts draußen“ wählen? Ich befürchte, die Gründe sind so unterschiedlich, dass man keine einheitliche Antwort darauf finden kann. Dazu gehört auch die Tatsache, dass es nicht nur die NPD ist, die dies betrifft. Ein Herr Höcke, der von Herrn Gauland als in der Mitte der Partei AfD stehend bezeichnet wurde, darf laut eines Verwaltungsgerichtsurteils offiziell als Faschist bezeichnet werden, da die Beweislage, die in erster Linie aus Zitaten aus Höckes Buch bestand, dies durchaus begründe. Da stellt sich mir die Frage, wo steht diese Partei, wenn ein Faschist der Mitte derselben zugehörig ist?

Darum ist es umso wichtiger, sich zu seiner demokratischen Haltung offen zu bekennen. Egal ob an der Werkbank, im Büro oder der Kantine, sei es auf dem Sportplatz oder am Stammtisch.

Es muss einfach gelten, dass man auf menschenverachtende, rassistische Kommentare oder angebliche „Witze“ entsprechend Paroli bietet um seinen Standpunkt klar zu machen. Und es muss ein gemeinsamer Standpunkt aller Demokraten und Humanisten sein, dass faschistischen Ideologien in unserer Demokratie entschieden entgegengetreten werden muss. Zu viel Leid und Opfer hat der verbrecherische deutsche Nationalismus im letzten Jahrtausend über die Welt gebracht, als dass man jetzt zu solchen Entwicklungen schweigen darf.

Der Schwur von Buchenwald ist leider immer noch aktuell.